Unterwegs in Weißensee – an jeder Ecke entdeckt man etwas Besonderes. Eines der Schätze in unserem Dorf ist das „Seeweißchen“. Ein entzückendes, inhabergeführtes Geschäft, in dem sich alles um Wunderschönes und Zauberhaftes aus Textilien dreht.
Die Künstlerinnen, die sich selbst als Handwerkerinnen beschreiben, haben mir erlaubt, ihnen ein paar Fragen zu stellen. Und hier sind ihre Antworten.
Wer von Euch ist auf den Namen „Seeweißchen“ gekommen und vor allem wie? Das ist ja schon ein ziemlich kreativer Einfall!
Moni: Das war an einem schönen Abend bei Julia mit einer Flasche Wein, nach stundenlangem Brainstorming fiel mir plötzlich „Seeweißchen“ ein und uns war sofort klar, das ist es! Ein Wortspiel mit Weißensee und der Märchenbezug wegen der Kinder, perfekt! Und irgendwie hatten wir dann im Kopf, dass das Seeweißchen ein Seeungeheuer sein könnte, da war dann das Logo auch schnell entworfen!
Was gab denn die Idee für das „Seeweißchen“?
Claudia: Moni und ich kennen uns seit der Berufsschule und haben uns zufällig in Berlin wiedergetroffen, sie hat damals schon mit zwei anderen Frauen in dem Laden gearbeitet und mir einen Platz für meine Nähmaschine angeboten. Als dann die anderen beiden aufgehört haben, haben wir per Kleinanzeige eine neue Mitstreiterin gesucht und Julia gefunden! Sie wohnte gleich um die Ecke, machte wunderschöne Accessoires und war die perfekte Ergänzung.
Julia: Ich habe meine Sachen vorher hauptsächlich online und auf Märkten verkauft und dachte, ich lese nicht richtig, als ich die Anzeige sah!
Was zieht die Leute zu Euch? Wer kommt zu euch?
Claudia: Unsere Kund:innen sind junge Familien, hauptsächlich aus Weißensee. Hin und wieder reisen aber auch Menschen extra aus Charlottenburg oder Steglitz an, um bei uns einzukaufen, das ehrt uns immer sehr! Alle loben die Langlebigkeit, Nachhaltigkeit und Passform unserer Sachen und natürlich den Service. Sogar die Krabbelschuhe werden, wenn nötig, an Kinderfüsse angepasst und wenn doch mal was kaputt gehen sollte, reparieren wir auch durchgescheuerte Knie oder tauschen schon mal ein Bündchen aus – allerdings nur bei unseren eigenen Sachen, sonst machen wir schnell nichts Anderes mehr.
Julia: Wir haben sogar Kunden, die in Spitzbergen wohnen! Auch in den USA, Kanada und Australien laufen Kinder mit Sachen von uns rum.
Selbständigkeit und Familie wird oft als fast unmöglich zu meistern abgestempelt. Wie schafft ihr es, Eure Work-Life-Balance hier nicht zu verlieren?
Moni: Work is Life in unserem Fall! Wir kommen alle gerne zur Arbeit, in gewisser Weise ist das hier unsere Auszeit vom Familienalltag, mittags kochen wir zusammen und gehen danach auch schon mal gemeinsam einsam ein paar Züge im See schwimmen. Eine muss dann natürlich da bleiben und den Laden offen halten. Da wir zu dritt sind, können wir uns mit den Arbeitszeiten gut absprechen, so kommen auch unsere Familien nicht zu kurz, wir sind ja alle drei auch Mütter.
Apropos Selbständigkeit. Gerade diese Branche hatte es in den letzten Jahren überhaupt nicht leicht. Viele Selbständige mussten äußerst einfallsreich werden, um ihre Geschäfte am Laufen lassen zu können. Wie hat sich diese Zeit auf Eure Prozesse ausgewirkt? Und ist etwas davon geblieben?
Julia: Hier profitieren wir auch davon, dass wir zu dritt sind und uns Miete und steigende Nebenkosten teilen. Aber natürlich müssen wir auch schauen, dass es am Monatsende reicht.
Claudia: Als Handwerkerinnen sind wir ja auch sehr anpassungsfähig. Als das vor zwei Jahren mit Corona losging hat, uns z.b. die Maskenproduktion den Popo gerettet, ohne das gäbe es uns vielleicht jetzt gar nicht mehr. An dieser Stelle nochmal Danke an alle, die uns in dieser Zeit die Treue gehalten haben!
Was macht Weißensee so besonders?
Julia: Ich finde es ist ein Dorf innerhalb Berlins. Wenn ich in Weissensee unterwegs bin treffe ich eigentlich immer bekannte Gesichter. Ein Zuhause-Gefühl.
Claudia: Ich wohne ja in Friedrichshain und mag an Weißensee vor allem den Menschenmix, alt und jung, alteingesessen und zugezogen, Woolworth, Biocompany und kleiner Einzelhandel in trautem Miteinander. Dit is Berlin.
Moni: Unser Eckchen im Komponistenviertel mag ich am liebsten! Es gibt mit allen Nachbargeschäften ein freundliches Miteinander. Es gibt so viele kleine Läden hier, die alle ihren eigenen Charme haben.
Frage an jede einzelne von euch: Wenn du dir Eines in unserem Stadtteil wünschen könntest, was wäre es?
Julia: Ich wünsche mir mehr Räume für die Jugendlichen und Kinder in Weissensee. Nebst der Arbeit bin ich ehrenamtlich bei den Pfadfinder*innen aktiv und wir brauchen dringend eigene Räumlichkeiten.
Claudia: Ja, da schliesse ich mich direkt an. Meine Töchter sind auch mit Leib und Seele dabei und wir sind für alle Vorschläge dankbar.
Moni: Da ich schon große Kinder habe, merke ich auch, dass es sehr an Angeboten für Jugendliche und junge Erwachsene mangelt.
Das Seeweißchen findet ihr in der Lindenallee 56 oder unter www.seeweisschen.de
Das Gespräch führte Beatrix Zimmermann. Fotos: Silke Haack, Team vom Seeweißchen